Exklusive Umfrage von Appinio für Speechi
Die Deutschen, ihre Handschrift und Rechtschreibung im digitalen Zeitalter
Digitale Hilfsmittel und die Tastatur sind im Laufe der Jahre zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden und werfen die Frage auf: Welchen Stellenwert hat die Handschrift heute im Alltag der Deutschen? Gibt es noch Anhänger der klassischen Papier-Bleistift-Kombination und wie viele? Und welche Einstellung haben sie darüber hinaus zur Rechtschreibung und zu inklusiver Schreibweise?
Um dies zu messen, beauftragte der Spezialist für kollaborative und interaktive Lösungen Speechi das Marktforschungsinstitut Appinio Mitte November mit der Befragung von über tausend Frauen und Männern in Deutschland.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Verwendung der Tastatur gegenüber dem Stift in Deutschland weiter zunimmt und weniger als ein Fünftel der Befragten angibt, häufiger mit der Hand als mit der Tastatur zu schreiben. Eine Tendenz, die sich durch die digitalen Gewohnheiten der jüngeren Generationen noch verstärken dürfte.
Da die Handschrift aber noch nicht obsolet ist, birgt sie weiterhin Schwierigkeiten für diejenigen, deren Schreibweise schwer zu entziffern ist. So geben viele Deutsche zu, dass sie aufgrund der Qualität ihrer Handschrift auf Schwierigkeiten gestoßen sind, die von Bemerkungen von Lehrern bis hin zum Verzicht auf Bewerbungen reichen.
Darüber hinaus befasste sich die Umfrage mit der Rechtschreibung. Obwohl die Befragten sich selbst für kompetent halten, sind sie zu großen Teilen der Meinung, dass das allgemeine Niveau sinke, was mehrheitlich auf Mängel des Schulsystems zurückgeführt wird.
Was die Frage nach der inklusiven Schreibweise angeht, stehen die Deutschen der Verwendung in offiziellen Dokumenten und privater Kommunikation mehrheitlich offen gegenüber und sehen darin einen Fortschritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter.
Digital dominiert …
Die Nutzung digitaler Hilfsmittel hat Stift und Papier heute klar den Rang abgelaufen. Weniger als einer von fünf Deutschen (19 %) gibt an, am häufigsten auf Papier zu schreiben, während vier von zehn Bundesbürgern (40 %) angeben, dass sie häufiger die Tastatur ihres Computers, Tablets oder Telefons benutzen. Etwas mehr als ein Drittel (37 %) schätzen, beiden Methoden je nach Umstand gleichermaßen zu verwenden. Frauen greifen dabei häufiger auf Papier und Stift zurück als Männer (22 % gegenüber 16 %), während Männer die Tastatur bevorzugen (44 % gegenüber 37 % der Frauen). In Bezug auf das Alter sind es die Jüngeren, die die ihnen zur Verfügung stehenden digitalen Werkzeuge am meisten nutzen: So bevorzugen 47 % der 18- bis 24-Jährigen diese Eingabemethode, während es bei den 55- bis 65-Jährigen nur 35 % sind.
… aber der Stift hält sich wacker
Auch wenn die Tastatur heute nicht mehr wegzudenken ist, wird der Stift vor allem für schnelle Notizen oder Post-it-Zettel für kurze Erinnerungen in die Hand genommen. Die Mehrheit der befragten Deutschen schreibt täglich auf Papier – 60 % tun dies einmal oder mehrmals täglich – und 28 % mindestens einmal pro Woche. Lediglich 1 % gibt an, nie einen Stift zu verwenden. Auch hier sind Frauen stärker von der traditionellen Kombination aus Stift und Papier angetan: 45 % der Frauen benutzen sie täglich, während es bei den Männern nur 38 % sind.
Handschrift steht bei Frauen höher im Kurs
Es ist daher nicht verwunderlich, dass nicht nur bei der Häufigkeit, sondern auch bei den persönlichen Vorlieben mehr Frauen als Männer das Schreiben per Hand angeben, mit einem Unterschied von 12 Prozentpunkten zwischen beiden Geschlechtern (46 % gegenüber 34 %). Bei der Bevorzugung der Tastatur zeigt sich hingegen eine umgekehrte Tendenz (33 % der Männer gegenüber 21 % der Frauen). Eine ähnliche Kluft tut sich auf, wenn man die Antworten nach dem Alter der Befragten aufschlüsselt: Während 25 % der 18- bis 24-Jährigen angeben, Stift und Papier zu bevorzugen, waren es beim älteren Segment zwischen 45 und 54 Jahren fast doppelt so viele (48 %).
Ursache von Benachteiligungen
Schlechte Handschrift kann zu Bemerkungen, Kritik oder sogar zu Nachteilen im beruflichen wie auch privaten Leben führen. So gibt die Hälfte (51 %) der Befragten dieser Studie an, dass ihre Handschrift schon einmal von Lehrern oder Kollegen kritisiert wurde, und 28 % sagen, dass ihnen dies schon mehrmals passiert ist. In geringerem, aber nicht zu vernachlässigendem Maße haben vier von zehn Deutschen (40 %) schon einmal Angst vor dem Urteil anderer gehabt, 38 % sind davon überzeugt, dass ihre unleserliche Handschrift ihnen schlechte Noten in der Schule eingebracht hat, und 30 % haben sich deswegen nicht getraut, sich um einen Job zu bewerben.
Rechtschreibung: Neun von zehn Deutschen halten sich für gut oder sehr gut
Neben der Qualität der Handschrift stellt auch die Kenntnis der Rechtschreibregeln eine Hürde dar, die viele Menschen nur schwer überwinden können, obwohl die Deutschen ihr eigenes Niveau insgesamt als sehr positiv einschätzen. Mehr als jeder neunte ist hier von den eigenen Fähigkeiten überzeugt: 53 % halten ihr Niveau für gut und 39 % für sehr gut. Frauen schätzen sich selbst positiver ein als Männer: 44 % der weiblichen Befragten beschreiben ihr Niveau als sehr gut, verglichen mit 35 % der Männer. Bei der kleinen Minderheit, die ihr Rechtschreibniveau als schlecht einstuft, sind die unter 34-Jährigen doppelt so häufig vertreten wie die über 45-Jährigen (11 % gegenüber 5 %).
Sinkendes Niveau: Schuldzuweisungen an das Schulsystem
Auch wenn die Deutschen ihre eigenen Rechtschreibfähigkeiten wohlwollend betrachten, sind viele der Meinung, dass das allgemeine Niveau von Jahr zu Jahr abnimmt. Mehr als jeder achte (85 %) ist dieser Meinung, 38 % sind fest davon überzeugt. Die Schuld dafür sieht eine große Mehrheit der Befragten beim Schulsystem: 77 % antworteten, dass es in diesem Bezug nicht genug leistet.
Und dies bleibt nach Meinung der Befragten nicht ohne Folgen, da 69 % von ihnen feststellen, dass es zu Ungleichheiten zwischen denjenigen kommt, die die Rechtschreibregeln beherrschen, und denjenigen, die vermehrt Fehler machen. Paradoxerweise ist jedoch mehr als die Hälfte der Deutschen (54 %) der Meinung, dass die Rechtschreibdebatte keine große Rolle spielt. Vielleicht, weil sie der Einhaltung von Regeln einen relativen Wert beimessen: Weniger als die Hälfte (46 %) gibt an, beim Schreiben sehr genau darauf zu achten. Wahrscheinlich auch, weil sie in den immer zahlreicheren und leistungsfähigeren Rechtschreibprüfungen einen Rettungsanker sehen: 68 % sind der Meinung, dass sie das allgemeine Niveau der Rechtschreibung positiv beeinflusst haben.
Rechtschreibung als Liebestöter …
Dennoch sind die Auswirkungen einer mangelhaften Rechtschreibung alles andere als harmlos. So geben 34 % der Deutschen an, aus diesem Grund nicht das gewünschte Studium angefangen oder den Wunschberuf erlangt zu haben. Ähnlich viele glauben, dass ihre Rechtschreibkenntnisse ihre berufliche Entwicklung beeinträchtigt hat (34 %), und 36 % sagen, dass sie dadurch am Arbeitsplatz unangenehme Momente erlebt haben.
Auch im Privatleben sind Rechtschreibfehler nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, denn sechs von zehn Deutschen (60 %) halten diese für einen Liebestöter. Eine Ansicht, die gleichermaßen von Frauen und Männern geteilt wird, die aber bei jungen Menschen von 18 bis 24 Jahren (68 %) mehr Zuspruch findet als bei älteren Generationen (z. B. 57 % bei den 45-54-Jährigen).
Inklusive Schreibweise: Eine eher aufgeschlossene Haltung
Wenn es heute um Schreiben und Rechtschreibung geht, ist inklusives Schreiben ebenfalls ein Thema. Daher galt es, auch diesbezüglich die Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit zu messen. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die öffentliche Meinung dieser aufgeschlossen und positiv gegenübersteht.
So befürwortet die Mehrheit der Befragten deren Verwendung in offiziellen Dokumenten (64 %), in den Medien (65 %), im beruflichen (69 %) und im privaten (70 %) Austausch.
Mehr als die Hälfte (54 %) ist außerdem der Ansicht, dass die Verwendung inklusiver Schreibweise die Kommunikation erleichtern kann, während 31 % der Meinung sind, dass sie keine Auswirkungen auf die Kommunikation hat und nur 15 % sehen sie als Ursache für Schwierigkeiten.
Schließlich, und dies ist ein weiterer positiver Aspekt der erfassten Antworten, sehen 65 % der Deutschen in der Verwendung inklusiver Schreibweise einen Fortschritt für die Gleichstellung der Geschlechter. Diese Ansicht wird von Männern und Frauen gleichermaßen geteilt und ist besonders bei den Jüngeren präsent: 74 % der 18- bis 24-Jährigen sehen darin einen Fortschritt in diesem Bereich.
Die Umfrage wurde vom 10. bis zum 13. November von Appinio für Speechi.com durchgeführt. Befragt wurden 1.007 Personen, die repräsentativ für die deutsche Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren sind.
Perspektiven Deutschland-Frankreich
Zwei im Jahr 2023 in Frankreich durchgeführte Umfragen ermöglichen es, interessante Vergleiche zu den Thematiken Handschrift, Rechtschreibung und inklusive Schreibweise zu ziehen.
19 % der Deutschen und 11 % der Franzosen schreiben häufiger per Hand als mit einer Tastatur
38 % der Deutschen und 27 % der Franzosen glauben, dass ihre Handschrift ihnen schlechte Noten in der Schule eingebracht hat
92 % der Deutschen und 85 % der Franzosen halten ihre Rechtschreibung für sehr gut
85 % der Deutschen und 62 % der Franzosen sind der Ansicht, dass das Rechtschreibniveau in ihrem Land sinkt
36 % der Deutschen und 25 % der Franzosen haben aufgrund ihrer Rechtschreibung unangenehme Moment am Arbeitsplatz erlebt
60 % der Deutschen und 40 % der Franzosen sehen Rechtschreibfehler als Liebestöter
64 % der Deutschen und 51 % der Franzosen befürworten die Verwendung inklusiver Schreibeweise in Verwaltungsdokumenten
70 % der Deutschen und 49 % der Franzosen befürworten die Verwendung inklusiver Schreibweise im privaten Austausch
* IFOP-Studie für Otypo.com, Mai 2023, „Les Français et l’écriture manuscrite : le stylo a-t-il dit son dernier mot ? „
** IFOP-Studie für MerciApp.com, Juni 2023, „Les Français sont-ils fâchés avec l’orthographe ? „
Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage können Sie über diesen Link herunterladen.